Page 12 - weihnachtskurier_2023
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einer Zunftverfassung, welche die städtische Vormacht- stellung mit all ihren Privilegien gegenüber der Land- schaft festschrieb.2 Aufklärerisches Gedankengut hatte gleichwohl den Weg in gebildete und ökonomisch prospe- rierende Schichten gefunden, wo in geselligen Zirkeln und gelehrten Gesellschaften vielerlei Ideen zur Verbesse- rung gesellschaftlicher Einrichtungen erwogen wurden.3
Der Reformbedarf war anerkannt, doch einer Umsetzung standen zahlreiche Hindernisse im Wege, nicht zuletzt das patriarchalische Herrschaftsverständnis der «Gnädigen Herren» und die Furcht vor dem Verlust von Privilegien und den damit verbundenen materiellen Vorteilen. Das resultierende Spannungsverhältnis zwischen Wandel und Beharrung zeigt sich auch im Lebenslauf von Pfarrer Schinz. Die bedeutsamsten Stationen seines Werdegangs sollen daher im Folgenden nachgezeichnet werden: Schule in Zürich; das Studium am Carolinum unter Bodmer und Breitinger, den zwei Fackelträgern der Aufklärung im da- maligen «Limmat-Athen»; die Hinwendung zur Land- wirtschaft und die Begegnung mit Kleinjogg, dem «philo- sophischen Bauern»; das lange Warten auf eine Pfarrstelle, unterbrochen von einem zweijährigen Aufenthalt im Tes- sin und verschiedenen Reisen; die Heirat mit Anna Elisa- betha Finsler Ende 1775. Im selben Jahr, als Schinz end- lich 1778 die Pfarrstelle in Uitikon erhalten hatte, übernahm er auch die Funktion des Sekretärs der Natur- forschenden Gesellschaft, die er bis ans Lebensende beibe- hielt. Vor diesem Gremium verlas sein Freund Johann Konrad Nüscheler (1759–1856) eine Würdigung seines Wirkens; diesem 1791 veröffentlichten Text verdanken wir die ausführlichste Darstellung seines Lebens mitsamt der Schilderung, wie Pfarrer Schinz in Uitikon den Klee- anbau eingeführt haben soll (siehe weiter unten, S. 16/17).4 Vollständig überliefert aus der Zeit des Pfarrdienstes in Uitikon und Ringlikon ist überdies das Tagebuch des Jah- res 1785, das hier erstmals als Quelle ausgewertet wird.
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