Page 50 - weihnachtskurier_2023
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beiden Chirurgen mit ihren insgesamt drei Gesellen not- falls vielleicht auch auf Hilfe angewiesen waren. Selbst in einer Spitalumgebung ging man um 1800, vor den Anfän- gen der modernen Hernienchirurgie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, davon aus, dass ein Operateur min- destens fünf Gehilfen benötige.117
Nicht wenige dieser chirurgischen Radikaleingriffe ende- ten tödlich, so auch im vorliegenden Fall: «Von Ringli- kon wurde mir der Tod des gestern geschnittenen Hein- rich Bollier angezeigt», notierte Schinz knapp. Lag das letale Endergebnis an einer Nachblutung, die nicht zu stoppen war? Oder war der Patient bereits zu geschwächt, um sich von den Strapazen dieser «heroischen Hilfeleistung»118 zu erholen? Schinzens Tagebuch lässt solche Fragen offen ...
Gemäss der Zürcher Predicanten­Ordnung oblag dem Landpfarrer die Aufsicht über die Dorfschule, die haupt- sächlich im Winterhalbjahr stattfand.119 Es überrascht nicht, dass Schinz als Anhänger der Aufklärung Verbesse- rungen in der Schulbildung der Dorfjugend befürwortete. So beliess er es nicht allein beim Examensbesuch, sondern stattete der Repetierschule mehrmals am Montagmorgen einen Besuch ab, besprach mit Schulmeister Felix Wismer Hänsis Verbesserungen, beispielsweise beim Diktat, und überprüfte die schriftlichen Arbeiten der Schüler.120 Sein Engagement zeigt sich auch im Umstand, dass er Sonntag für Sonntag eine Leseschule abhielt. Der vielseitig interes- sierte, reiseerfahrene Schinz wird in seinen Lektionen kaum nur ausschliesslich biblische und kirchliche The- men angesprochen haben.
In den Nekrologen nach Schinz’ Hinschied im Januar 1790 wurde seine kommunikative Begabung hervorgeho- ben, die Unvoreingenommenheit, mit welcher er ins Ge- spräch mit der Landbevölkerung zu kommen pflegte. Es erstaunt daher, wenn seine Freunde auch ganz andere
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